Laura Hari

Meine Tochter, Anna Lara, hat mich zu meinem ersten Kinderbuch inspiriert („Der Tag, an dem ein Delphin-Zebra-Schmetterling vom Papier verschwand“, ein Kinderbilderbuch, 9/2018 im Westkreuz-Verlag Berlin/Bonn erschienen). Ein halbes Jahr nach ihrer Geburt überlegte ich, an welchem künstlerischen Projekt ich weiterarbeiten könnte, z. B. an Serien wie meinen Portrait-Aquarellen, oder sollte ich etwas Neues beginnen? In den letzten Jahren hatte ich neben meiner Arbeit als Ärztin in der Klinik und meiner Doktorarbeit kaum Zeit, einen Pinsel in die Hand zu nehmen. Ich hatte Bildende/Freie Kunst (Zeichnung, Malerei) an der Universität der Künste Berlin studiert und war über die künstlerische Durststrecke mangels Zeit in den letzten vier Jahren sehr traurig. In meiner Elternzeit konnte ich mich endlich voller Energie und Begeisterung in mein erstes Kinderbuchprojekt stürzen. Eine Dokumentation im Fernsehen über den Kinderbuchautor Paul Maar hatte die Initialzündung gegeben. 

Sie sind Autorin und Illustratorin in einer Person? In welchem Wechselspiel von Schreiben und Malen/Zeichnen entstehen Ihre Bücher? Wo entstehen Ihre Bücher? Zu Hause am Schreibtisch? Unterwegs? Wie würden Sie den Schreibvorgang skizzieren?

Kurzgefasst: aus der bildenden Künstlerin, die seit der Kindheit gern und viele Bücher gelesen hatte, wurde eine Illustratorin und Autorin. Für mich haben zwei Ausdrucksweisen zu einer Synthese bzw. Ergänzung gefunden. 

Zu Beginn habe ich eine vage Idee im Kopf, einen Schlüsselgedanken. Bei Malon war es das Blaue Buch mit den leeren Seiten. Das Verweben von Realität und Fantasie/Fiktion interessiert mich seit meinem ersten Buch. Ausgehend von dieser Schlüsselidee setze ich mich zu Hause an den Laptop und beginne zu schreiben. Die Geschichte entwickelt sich intuitiv im Schreibprozess, teilweise von Satz zu Satz, von Seite zu Seite, ohne dass ich die ganze Geschichte im Kopf oder auf Notizzetteln fest strukturiert plane. Die Illustrationen entstehen erst am Ende des Schreibprozesses. Es ist sehr spannend, die inneren Bilder, die ich zunächst in Worte gekleidet habe, bildlich entstehen zu lassen. Interessanterweise habe ich Phasen, in denen ich hauptsächlich schreibe und Phasen, in denen ich nur zeichne und male. 

Können Sie kurz Ihren vielschichtigen Lebensweg skizzieren? Ärztin, Künstlerin, Illustratorin und Autorin, Mutter einer Tochter und Ehefrau – wie kriegen Sie alles unter einen Hut?

Unter einen Hut kriege ich alles aktuell nur, weil ich an meiner Klinik eine halbe Stelle habe, die so aussieht, dass ich jeweils einen halben Monat frei habe. Außerdem kann ich auf die Unterstützung meines geliebten Ehemannes zählen. Er hält mir den Rücken frei und ist der wichtigste geistige Austauschpartner für mich, mein erster Lektor und Ratgeber, mit wertvollen Anregungen und konstruktiver Kritik. Mein Mann begleitet mich zu Lesungen und liest mit, oft zusammen mit befreundeten Schauspielern, wie zum Beispiel Nicolai Tegeler und Esther Zimmering. 

Sie meinten, Ihr Buch wäre kein reiner, fantastischer Abenteueroman. Welche Bezüge hat Ihr Buch zu philosophischen Fragen?

Eine der wichtigsten Elemente der Philosophie ist das Fragenstellen und Hinterfragen von Wirklichkeit. Mein Buch regt zum Nachdenken an. Es stellt Fragen. Was ist Wirklichkeit? Was ist Fiktion? Wo sind die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion? Malon entdeckt ein Blaues Buch, mit leeren Seiten. Vor seinen Augen entstehen plötzlich Sätze. Es ist die Geschichte von Maayan, einem Mayajungen, der zu einer anderen Zeit lebte und in die Welt Mayapán gerät, eine Parallelwelt, wie auch später Malons Vater und vor Jahrzehnten sein Großvater… 

Gibt es verschiedene Wirklichkeitsebenen? Können sie miteinander in Verbindung treten? Existieren in diesen Welten, hier Mayapán, andere Gesetzmäßigkeiten (ein anderes Raum-Zeit- Gefüge)? Können Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig bestehen?Wie definiert sich Raum? In Mayapán sind Zeit und Raum anders existent als auf der Erde, z.B. Aufhebung der Schwerkraft, Gleichzeitigkeit von Seinsebenen… (siehe Kapitel Der Weiße Wald) Im Kapitel über die Versammlung in der Muschelstadt wird über gesellschaftliche Strukturen reflektiert, über den Vorteil der Demokratie. Wie kann eine Gesellschaft gut funktionieren? 

Haben Sie schon Ideen für weitere Bücher? 

Ja, ich schreibe, schon weit fortgeschritten, an einem Jugendroman und habe Band 1 einer als Serie geplanten Kindergeschichte fertig. Zwei weitere, fertiggeschriebene Manuskripte warten auf ihre Entdeckung und Veröffentlichung.